GLEICH GEHT'S LOS

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Locals wie wir…

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Nein, heute reden wir ausnahmsweise mal nicht über Espresso. Obwohl, sie fehlen mir, meine Espresso-Päuschen bei „Sembritzki“. Am alten Holztisch zwischen all den Weinkartons sitzen, in meinen dunklen Kaffee starren, die besten Käsehäppchen auf der ganzen Welt verzehren und unbedingt fühlen, was ich nur hier fühle: Ich bin ein Local! Das klingt vielleicht geisteskrank, aber mich erinnert der kleine Starnberger Feinkostladen immer an diese niedliche Hafenkneipe in Marseille vor vielen Sommern, wo ich tagelang saß, nicht an der Promenade bei den Touris, sondern drüben im Schatten bei den Einheimischen und so tat, als wäre ich eine von ihnen. Auch „Sembritzki“ liegt abseits der Starnberger Touristenströme, im französischen Viertel, wie ich es nenne, weil es einfach so viel mehr Spaß macht, als an einem schnöden Tutzinger-Hof-Platz zu verweilen. Früher, also vor Corona, fuhr ich jeden Samstag mit wehenden Fahnen hierher und spielte ein bisschen Local. Ich fühlte mich gut dabei und eine Spur überlegen. Ich, ganz die Französin, saß dann sehr savoir vivre mit meinem Espresso, oder naja, eiskaltem Basa, zwischen Geologen und Dekorateuren, zwischen Umweltaktivisten und Filmproduzenten, Tierschützern und Komponisten und hörte ihnen zu, wie sie das Leben verstanden oder es zumindest versuchten. Küsschen rechts, Küsschen links, Worte flogen über Köpfe, das Leben schmeckte nach Freiheit, Liebe, Glück und Trüffelbutter. Aber dann war plötzlich alles vorbei, die Pandemie kam, und man durfte in kleinen Feinkostläden nicht mehr rasten, was mein Kopf verstand, aber mein stolzes Starnberger Herz zerriss. Bis ich vor ein paar Tagen eine clevere Idee hatte, wie ich mein Revier wieder markieren kann: Ich stellte Boris Sembritzki einfach ein paar Flaschen meines besten, frühreifen Olivenöls ins Verkaufsregal und war schlagartig high vor Glück. Das heißt, verkosten wollte er es schon noch. Was mich keine Sekunde zittern ließ, denn hey, es ist das beste Öl der Toskana, am Starnberger See, ach was sage ich, auf der ganzen Welt! Da kennen wir Locals kein Pardon. So, und jetzt mache ich so lange Druck, bis wir endlich wieder Espresso bei Boris trinken dürfen.

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