Und plötzlich war Frühling. Die Sonne schien, Pärchen liefen Händchen haltend über den Marktplatz, ich setzte mich unter einen Schirm in die Eiswerkstatt und verschüttete vor lauter Enthusiasmus erstmal meinen Espresso. Und obwohl ich gleich darauf die Kellnerin umrannte, spendierte man mir mit mütterlicher Milde einen neuen Kaffee, weil, ach naja, weil alles so schön war, der blaue Himmel, reife Erdbeeren am Früchtestand, das Eis, das aus Waffeln tropfte, die Aussicht auf ein paar Tage Sommer im März. Ich saß da zwischen all den Fremden, rührte mit der rechten Hand in meinem Espresso rum, mit der linken scrollte ich mich durch meine Urlaubsfotos aus Kitzbühel und Münster. Ein Lächeln lag auf meinen Mundwinkeln, alles roch nach Glück, nach Freitagnachmittag, obwohl doch erst Donnerstag war, nach Apfelkuchen und Sorglosigkeit. Nur ganz tief in mir drinnen befielen mich plötzlich Zweifel: Darf ich so fühlen? Ich hatte keine Antwort, weder auf diese Frage noch darauf, was wir tun können, um in diesen Zeiten den Mut nicht zu verlieren. Neben mir nahmen ein paar Teenager Platz, ein Junge sagte, er werde das Schuljahr nicht schaffen, hätte schon wieder Französisch verhauen, trotz Nachhilfe, Frankreich-Urlaub und Pipapo. Der andere meinte, Corona sei nun überstanden, Kiffen hätte er sich endlich abgewöhnt, jetzt müsse nur noch das mit Elsa und dem Führerschein klappen, er arbeite dran. Wir ringen alle mit irgendwas in unserem Leben, auch wenn das keine großen Probleme sind, weil es auf der Welt ganz andere Nöte gibt. Aber es sind unsere Sorgen. Eine Frau sagte, sie wolle das Verhalten der anderen nicht mehr bewerten, lieber erstmal zuhören, innehalten und schweigen. Ich schloss mich ihr an, übte unauffällig mit ihr und sagte mir leise ein paar Gründe auf, warum es schön ist, am Leben zu sein. Auch jetzt. Und dass die einzige Alternative wäre, es nicht zu sein. Schöne Momente vergehen. Sei umso dankbarer, wenn sie da sind. Als ich das Café verließ, sagte der Junge: „Meinen nächsten Geburtstag werde ich auf jeden Fall endlich wieder ein bisschen feiern.“